Verfasst von: suburbansky | Montag, 4. Februar 2008

Vision: der Sundgau-Express

Eine Vision nur, dieser Beitrag… Ich bin mir der eher unrealistischen Natur der folgenden Zeilen sehr wohl bewusst; aber drüber nachdenken kann man ja.

Etwa 20’000 Menschen pendeln von Frankreich nach Basel, einige davon stammen auch aus dem Sundgau – einer sehr ländlichen und entsprechend zersiedelten Gegend westlich von Basel. Entsprechend der ÖV: praktisch nicht existent. Deshalb jeden Morgen das gleiche Bild: Stossstange an Stossstange quälen sich Pendler mit 68er-Nummernschild in die Stadt hinein, und abends natürlich wieder raus (siehe auch diesen Beitrag).

Bis 1955 wurde das Sundgau durch eine Bahnlinie erschlossen, die bei der heutigen Station St-Louis-la-Chaussée (früher offenbar Blotzheim-Neuweg) von der französischen Rheintalbahn abzweigt. Von dort führte die Strecke nach Blotzheim und anschliessend südwestlich Richtung Muespach und Waldighofen, wo sie auf die (heute ebenfalls stillgelegte) Strecke Altkirch-Ferrette traf. Mehr Informationen zu diese Linie gibts hier und hier. Geographisch sah das etwa so aus (Copyright: http://elsassbahn.free.fr/):

Ehemaliges Bahnnetz Oberelsass/Sundgau. Copyright: http://elsassbahn.free.fr/

Die Linie folgt damit ziemlich genau jenen Dörfern und Weilern, welche vom Schweizer Bundesamt für Statistik offiziell zur Agglomeration Basel gezählt werden. Ein riesiges Passagieraufkommen gibt es in diesem Korridor zwar auch heute nicht, aber eine Neulancierung dieser Linie – also eine direkte S-Bahn-Verbindung Basel-Altkirch (oder Basel-Ferrette) – wäre doch eine schöne Sache. Zwar wird das alte Trassee wohl noch mehrheitlich frei sein (zwischen St-Louis-la-Chaussée und Blotzheim liegen sogar noch die Schienen…), doch man müsste wohl eine Neutrassierung vornehmen, um den heutigen Ansprüchen gerecht zu werden, zumal die Strecke offenbar grosse Steigungen aufweist. Mit einigen klug gesetzten Haltestellen (mit Gratisparkplätzen) könnte da vielleicht doch ein gewisses Passagierpotenzial abgeholt werden.

Ausserdem könnten so dann auch andere Züge (neue TER-Verbindungen, z.B. Basel-Besançon-Dijon, Basel-Epinal, Basel-CulmontChalindrey, etc.) die Strecke benutzen.

Ziemlich utopisch das Ganze, das geb ich ja zu. Aber die Erfahrung zeigt, dass gute ÖV-Angebote in Frankreich auch gut genutzt werden (TGV, neue Tramnetze) – und dass selbst ambitionierte, sauteure Projekte eine Chance auf Realisierung haben (selbe Beispiele). Zumal diese Strecke von vielleicht 25 bis 30 Kilometern wohl ungleich billiger zu haben wäre als die Hunderten von TGV-Kilometern, die seit Jahren fleissig verlegt werden.


Antworten

  1. Hallo
    Ich gebe Dir recht, das wäre toll, eine solche Strecke in den Sundgau. Neulich habe ich mit Jean-Luc Johaneck darüber gesprochen, allerdings in Busform (gibt es ja praktisch auch nicht mehr). Doch er sah da keine Zukunft. Da der Dienstweg in Frankreich ja auch sehr hürdenreich ist, könnte dies in der Tat lange gehen. Im Prinzip müsste man direkt mit Paris verhandeln. Oder aber eine Finanzierungshilfe aus Basel anbieten, z.B. indem man Road Pricing einführt und die von den elässischen Pendler generierten Mitteln für den Ausbau des öffentlichen Verkehrs im Elsass einsetzt.
    Gruss,
    Emmanuel Ullmann

  2. Es wäre eine Riesenchance für die verkehrgeplagten Allschwiler und Leimentaler, wenn man diese Strecke reaktivieren würde. Wieso nicht gleich alles selber machen und die Strecke von einer zugründeten französischen SBB-Tochter renovieren und betreiben lassen, wie dies im Wiesental passierte?

  3. Noch einen Nachtrag: Man könnte bei einer Reaktvierung gleich auch die alte idee wieder reaktivieren, wonach man die Birsigtalbahn (BLT Linie 10) bis nach Ferrette verlängert. Damit würden allerbeste Anschlussvarianten gegeben werden, wovon der ganze „Ostsundgau“ profitieren könnte!

  4. Lieber suburbansky
    Als Kind habe ich die Linie nach Waldighofen noch in Betrieb erlebt und bin später mit dem Velo oft der stillgelegten Strecke gefolgt und habe deren Abriss mit Trauer verfolgt. In Michelbach stocherten damals die Hühner zwischen den rostigen Weichen des Bahnhofs herum. Die Idee, diese Strecke für den Nahverkehr wieder zum Leben zu erwecken, geistert mir auch schon seit längerer Zeit im Kopf herum.
    Ich könnte mir eine Lösung ähnlich wie Mulhouse-Thann mit Leichttriebfahrzeugen vorstellen. Allerdings sind grosse Teile der Trasse inzwischen überbaut worden und die Kosten für eine Neutrassierung entsprechend hoch. Das nötige Passagieraufkommen wäre nur mittels einer schnellen Verbindung Altkirch-Basel zu erreichen. Auf der Illtal-Linie (Pfirt-Altkirch) führte die Strecke teilweise auf der Hauptstrasse durch die
    Dörfer, was heute natürlich undenkbar wäre. Die Anbindung von Blotzheim könnte jedoch auch mit einer über den Flughfaen hinaus verlängerten Tramlinie von Saint-Louis aus erfolgen, was in Anbetracht der noch weitgehend intakten Trasse prüfenswert erscheint. Doch zu all den schönen Ideen braucht es vor allem den entsprechenden politischen Willen diesseits und jenseits der Landesgrenzen. Gleiches gilt auch für die Kandertalbahn und die Wehratalbahn.
    PS
    Menschen mit Visionen werden von den Ideenlosen gerne als „verrückt“ bezeichnet. Doch dank solcher „Verrückten“ wurden weltweit grossartige Werke geschaffen.
    Ferrophil

  5. Hallo,

    Lade hiermit alle ein, denen an der Gründung des Vereins „Pro Sundgauer-Express“ etwas gelegen ist.. Nach meiner Machbarkeitsstudie kann das „Pfirter Zégle“ und das „Waldighofer Zégle“ durchaus wieder zum Leben erweckt werden, sinnvollerweise mit den Endstationen Altkirch/Rodersdorf/Euroairport, mit wirtschaftlich rentablen, schnellen, für Steigungen angepassten und in die Sundgauer Landschaft passenden Modern Steam Zügen auf 1m Spur. Was ist deine Meinung dazu?
    Nach der Fabi-Abstimmung vom 9. Februar 2014 (Finanzierung und Ausbau der Bahninfrastruktur) und gemäss Bundesamt für Statistik wonach die Ortschaften entlang dieser Linien als zur Agglomeration Basel zugehörig aufgeführt sind, sollte der Schliessung dieser Lücke nichts mehr im Wege stehen. Als gebürtiger Franzose kenne ich die Verhältnisse hüben und drüben der Grenze bestens. Lade gerne auch Elsässer in den Verein ein, besonders interessant wären Bewohner, die die alte Linienführung bis 1955 noch gekannt haben.

    Ich freue mich auf eure Rückmeldung: info@zumschoenenbuch.ch

    Gruss Florian Mura

  6. Sorry, das sollte natürlich korrekt in bilingue „Pro Sundgau-Express“ heissen, sodass der Begriff für die französische Seite auch brauchbar ist.
    Nicht zu verwechseln mit dem Orient-Express, der wohl ein langsamer Zug ist, aber sein farbenfroher Charme würde ich gerne auf den Sundgau-Express übertragen, Waggon-Restaurant mit reichlichem petit déjeuner für die Frontalier, und am Schluss ein Waggon-lit für die Fans, die nicht mehr aussteigen wollen…


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